Familie Herz war im Geschäfts-, Politik- und Vereinsleben Wernes fest verwurzelt. Louis Herz, Sohn von Isaac und Lena, geb. Heimann, wurde 1919 zum Stadtverordneten gewählt, er war Vorstandsvorsitzender der Werner Volksbank und begeisterter Radfahrer. Er fuhr und engagierte sich im Werner Radportverein „Über Berg und Thal“. Er blieb Zeit seines Lebens in Werne und verstarb 1930. Sein Grab befindet sich auf dem jüdischen Friedhof in Werne.
Louis` Bruder Philipp führte gemeinsam mit seiner Frau Sara ein Geschäft in der Bonenstraße Nr. 21. Sie hatten drei Töchter: Helene, Emmy und Jenny. Ihre Tochter Helene übernahm das Geschäft nach dem Tod ihres Vaters.
Stetige Boykottaufrufe und Einschüchterungen führten jedoch dazu, dass das Geschäft in den 1930er Jahren schließen musste.
Phillips und Saras zweite Tochter Emmy starb bereits 1933. Deren Tochter Charlotte zog 1939 zur Großmutter nach Werne. Jenny lebte in Luxemburg. Dorthin wollten Sara, Helene und Charlotte auswandern. Die Auswanderungspläne waren bereits weit fortgeschritten, als der Einmarsch der Wehrmacht in Luxemburg diese zunichtemachte. 1941 sollten Helene und Charlotte nach Riga deportiert werden. Auf Grund einer schweren Erkrankung durfte Helene zunächst in Werne verbleiben. Charlotte wurde jedoch deportiert. Sie überlebte den Holocaust nicht.
Im Januar 1942 wurden Sara und Helene Herz gezwungen, ihr Haus zu verlassen und in ein sogenanntes „Judenhaus“ umzusiedeln.
Das Gesetz, die jüdische Bevölkerung zu zwingen, gemeinsam mit anderen jüdischen Familien zusammenwohnen zu müssen, wurde bereits 1939 erlassen. Familie Herz wurde zunächst gezwungen, Amalie Marcus bei sich aufzunehmen, die 1942 in das Haus der Synagogengemeinde ziehen musste. Mutter und Tochter Herz, so wurde im Januar 1942 erlassen, mussten ihr großes Haus an der Bonenstraße räumen, dort sollten obdachlose Familien untergebracht werden. Sara und Helena Herz mussten in die Wohnung Paul Simons umziehen, die sie sich dann mit der Mutter Paul Simons und seiner kranken Schwester teilten. Paul Simons war bereits 1941 gemeinsam mit Charlotte Ermann nach Riga deportiert worden.
Meist erfolgte nach der Zwangsumsiedlung in ein Judenhaus die Deportation. So auch bei Familie Herz: Nach einer weiteren Umsiedlung nach Münster wurde Helene nach Theresienstadt deportiert. Ihre Mutter überlebte die Strapazen der zahlreichen Umsiedlungen nicht. Sie verstarb bereits bevor man sie deportieren konnte.
Sara Herz ist die letzte Person, die auf dem jüdischen Friedhof in Werne bestattet wurde. Der Grabstein nennt jedoch einen nicht korrekten Namen: Sie ist dort als Sofie verzeichnet. Ihre Tochter Helene fand ebenfalls Erwähnung auf dem Grabstein. Ihre sterblichen Überreste sind dort jedoch nicht begraben. Sie gilt bis heute als verschollen.