Am Abend des 9. Novembers 1938 wurde im heutigen Stadtpark von Werne eine Gedenkfeier zur Niederschlagung des Hitler-Ludendorff-Putsches 1923 abgehalten. Zeitgleich fand in Ahlen eine Vereidigungsfeier neuer SS-Rekruten statt, bei der auch die SS-Angehörigen aus Werne anwesend waren.
Tagsüber war der NS-Diplomat Ernst vom Rath in Folge eines von einem jüdischen jungen Mann verübten Attentat in Paris verstorben. Daraufhin erließ man aus höchsten NSDAP-Kreisen die Zerstörung der Synagogen. In Ahlen erhielten die SS-Angehörigen den Befehl zur „Juden-Aktion“.
Die jüdischen Familien Wernes waren in der Stadt bekannt. Auf der Rückfahrt aus Ahlen organisierten die SS-Mitglieder, wer gegen welche Familie und ihr Hab und Gut vorgehen sollte. Es schlossen sich immer zwei bis drei Personen zusammen. In Werne angekommen rüstete man sich vermutlich zunächst mit Hämmern, Äxten und Brechstangen aus.
In der Stadt selbst war die Stimmung aufgeheizt. Eine Menschenmenge schloss sich den SS-Männern an. Gemeinsam zogen sie zu den Wohn- und Geschäftshäusern der jüdischen Familien. Sie warfen die Fenster ein, zerschlugen das Mobiliar und trieben die Männer auf den Marktplatz und schließlich weiter zur Synagoge. Viele der Männer erlitten schwerste Verletzungen.
Dies geschah unter den Augen der Polizei, der seitens des Bürgermeisters Kraus jedwedes Eingreifen verboten worden war. Kraus, Parteiangehöriger und Polizeichef der Stadt, hatte sich dafür die Zustimmung des Regierungspräsidenten in Münster geholt. Er selbst sah bei den Gewalttätigkeiten in der Pogromnacht zu, begutachtete die Aufräumarbeiten am nächsten Tag und beschlagnahmte Waren jüdischer Händler.
Die jüdischen Männer der Stadt wurden noch in der Nacht in „Schutzhaft“ genommen. Ein Vorwand, um sie zum Verkauf ihres Eigentums und aus dem Land zu drängen. Beispielhaft sei hier das Ehepaar Blumenthal genannt. Walter Blumenthal betrieb ein gutgehendes Schuhgeschäft an der Bonenstraße 17. Während der Pogromnacht wurde es geplündert, das Lager verwüstet, hunderte Paar Schuhe auf die Straße geworfen. Im Zuge der Verwüstungen mussten Blumenthals ihren Laden im Dezember 1938 aufgeben. Es kam zur Zwangsabwicklung und im Januar 1939 kaufte ein Solinger Kaufmann die restlichen Lagerbestände zu einem Spottpreis auf.
Kritik an dem brutalen Vorgehen gegen ihre Mitmenschen äußerten, wie in anderen Städten auch, nur weniger Werner. Zu den Wenigen, die sich erschrocken zeigten, gehörte Theodor Jorden, in dessen Lokal im Hotel Burghof die Ratsherren nach ihren Sitzungen zusammenkamen. Als Jordens Kritik zu Bürgermeister Kraus drang, setzte er sich dafür ein, das Lokal von nun an zu meiden. Die Ratsherren stimmten diesem Vorschlag zu.
Heute erinnert eine Gedenktafel am Marktplatz an die Verbrechen, die den Werner Juden von ihren Nachbarn angetan worden waren. Sie wurde anlässlich des 50. Jahrestages der Pogromnacht von Werner Bürgern gestiftet und aufgehangen.