Eric Schildkraut hieß ursprünglich Schild mit Nachnahmen, mit seiner Mutter Bella lebte er in Selm. Die Schilds führten ein Geschäft für Haushaltswaren.
Nach dem Tod seines Vaters 1929 lebte und arbeitete Eric in Selm, nahm aber heimlich Schauspielunterricht. Neben der Schauspielerei war der Sport seine zweite Leidenschaft, hier erfuhr er auch schon vor der Machtergreifung Anfeindungen und Antisemitismus. So schloss ihn seine Handballmannschaft von einem Spiel aus, da der Schiedsrichter sich weigerte, es zu leiten, solange Juden daran teilnehmen.
Mit der Machtergreifung änderte sich die Stimmung radikal für die Schilds: Langjährige Freunde wandten sich von Bella Schild ab und das Theater Dortmund kündigte Erics Engagement imit sofortiger Wirkung.
Dass sich auch die Nachbarn und Bekannten von der Familie abwendeten, zeigte eindrücklich der Fackelzug zur Machtergreifung Hitlers: Der Sportverein benötigte noch eine Fahne für den Fackelzug, die Bella Schild von ihren Mitarbeiterinnen nähen ließ. Mit dieser Fahne nahm der Verein am Fackelzug teil. Sie stoppten vor dem Haus der Schilds und schrien „Juda, verrrecke!“
Bella drängte ihren Sohn zur Flucht, im Juli 1933 kam er nach Holland, wo er bei entfernten Verwandten lebte. Trotz der Gefahren kehrte er zurück, diesmal nach Dortmund, wohin seine Mutter in der Zwischenzeit gezogen war. Im kleinen Selm war die Situation nicht mehr auszuhalten und nun wohnte sie mit sieben Verwandten in einem Zimmer.
Eric Schildkraut war Mitglied im jüdischen Sportverein und aufgrund seiner Leistungen bekannt. Er war sogar für Trainingskurse für die Olympischen Spiele 1936 eingeladen, allerdings wurde seine Nominierung ebenso wie die aller anderen jüdischen Sportler kurz vor Beginn der Spiele zurückgezogen.
Mit seinem Zeugnis als Sportlehrer emigrierte Schildkraut nach Antwerpen, wo er von einem fremden Juden aufgenommen wurde. Eric Schildkraut nahm an Wettkämpfen teil und arbeitete schließlich als Trainer in Brüssel. Als die Deutschen Belgien überfielen, wurde er wie alle anderen Deutschen von der belgischen Polizei verhaftet. Im Lager in St. Supien (französische Mittelmeerküste) waren auch Nationalsozialisten inhaftiert, die man nach dem Waffenstillstand von Compiègne von den anderen Häftlingen getrennt hatte und die sofort die Hakenkreuzfahne hissten.
Eric floh nach Brüssel, wo man ihn am Gare du Midi aufgriff und nach Dortmund transportierte. Dort gelang ihm erneut die Flucht, über Aachen gelangt er über die Grenze nach Vervier. Dort kam er zunächst bei dem belgischen Weltrekordler Josef Mostair unter, später bei seinem Freund Marcel Zwalens.
Marcel Zwalens hatte nach der Reichspogromnacht mehrfach Bella Schild in Dortmund besucht und ihr zur Flucht verholfen. Im November 1941 kam Bella nach Belgien. Zwalens half auch anderen zur Flucht, bis man auch ihn verhaftete.
Eric und seine Mutter Bella bezogen eine eigene Wohnung, Eric arbeitete als Sportlehrer. Eines Tages wurde er von der Gestapo vorgeladen. Während des Verhörs wurde seine Mutter abgeholt und nach Dortmund gebracht. Dort inhaftierte man sie zunächst in der Steinwache, bis sie fünf Tage am Schlachthof auf die Deportation nach Zamosc warten musste.
Eric floh ins unbesetzte Frankreich. Er ließ sich einen neuen Pass auf Zwalens Namen ausstellen und kam 1942 als Trainer in Chermont-Ferrand unter. Dort erfuhr er, dass Marcel Zwalens zur Zwangsarbeit nach Deutschland deportiert werden sollte. Eric besorgte falsche Papiere und half neben Marcel drei weiteren Sportlern zur Flucht.
Bis zur Befreiung von Paris im Oktober 1944 lebte Eric in Thiers und spielte auch wieder Theater.
Weihnachten 1944 waren Eric und Marcel wieder in Brüssel, Marcel wurde direkt eingezogen und Eric beantragte einen Laissez-passer, um nach Deutschland zu fahren.
Die Suche nach seiner Mutter blieb in Selm ergebnislos, in Dortmund lagen in der jüdischen Gemeinde jedoch Listen von den Transporten. Bella war 1942 mit den Nachbarskindern aus ihrem letzten Wohnhaus deportiert worden. Die Mädchen schrieben aus dem Konzentrationslager, dass es Tante Bella gut gehe – dahinter versteckte sich die Information, dass sie tot ist. Bella Schild wurde direkt nach ihrer Ankunft in Zamosc ermordet.
Eric Schildkraut kehrte mehrmals nach Selm zurück, er klagte gegen den Arzt, der im Haus seiner Mutter wohnte ohne Miete gezahlt zu haben. Auf dem jüdischen Friedhof ließ er den Grabstein seines Vaters mit einer Inschrift ergänzen, die an seine Mutter erinnert.
Einige Selmer freuten sich, ihn wiederzusehen, andere mieden ihn und fürchteten sich vor Anzeigen, weil sie ihm gedroht und Gewalt angetan hatten.
Schildkraut spielte Theater in Brüssel und Paris und nahm 1948 eine Rolle in Berlin an. Dort fühlte er sich nicht wohl, doch seine französischen Kollegen in Paris verziehen ihm nicht, dass er nach Deutschland gegangen war.
Schildkraut spielte in wechselnden Engagements in Deutschland und erlebte immer wieder Antisemitismus: Der Garderobenspiegel mit einem Hakenkreuz beschmiert, geringere Gagen, aber auch Anfeindungen in aller Öffentlichkeit. Seit 1979 war er am Thalia Theater in Hamburg engagiert.
Eric Schildkraut starb am 16. Juli 1999 in Hamburg.