1912 übernahm Paul Levy die Metzgerei von seinem Vater in der Lange Straße, direkt am Alten Markt gelegen. Im Erdgeschoss des Gebäudes war die Metzgerei untergebracht, in den oberen Etagen wohnte die Familie.
Die Geschäfte liefen bis 1933 gut. Paul Levy gehörte dem Vorstand der Metzgerinnung Dortmund-Lünen an.
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten sahen sich Juden Repressalien ausgesetzt. Die Geschäftsboykotte begannen in Lünen am 29. März 1933, kurz vor dem reichsweiten Boykott. Auch die Familie Levy war davon betroffen. Erst zu Beginn der 1930er Jahre hatten Levys ihr Geschäft ausgebaut und modernisiert. Ihr großer Kundenstamm umfasste auch bekennende Antisemiten, doch die Situation änderte sich schnell. Nach und nach blieben die Kunden aus, weil sie unter Beobachtung von SA-Leuten standen, die sich vor den jüdischen Geschäften aufstellten, Käufer bedrohten und einschüchterten, wenn diese bei jüdischen Kaufleuten einkaufen.
Letztlich musste die Familie ihr Geschäft zum 29. Mai 1937 aufgeben. Die Tochter Else Levy emigrierte 1937 nach Palästina. Sie hatte in Frankfurt Kontakt zur zionistischen Bewegung und lernte dort einen Arzt kennen, mit dem sie auswanderte. Paul und Lina beschlossen, mit dem Sohn Ernst zu folgen. Ernst, der zuvor das Freiherr-vom-Stein-Gymnasium besucht hatte, floh bereits im Alter von 15 Jahren 1938 ohne seine Eltern nach Palästina. Dort legte er seinen deutschen Vornamen Ernst ab und nannte sich fortan Yacov Levy. Er lebte seit seiner Flucht im Kibbuz Misra.
Lina Levy berichtete 98jährig ausführlich von ihrem Leben in Lünen und ihrer Ausreise nach Palästina. Die Fluchtumstände waren schwierig: Die Levys hatten zunächst mit den Behörden zu kämpfen. Über viele Stationen reisten sie nach Wien und von dort aus 1939 weiter. Sie wurden mit dem Zug außer Landes gebracht und fuhren dann mit verschiedenen völlig überfüllten Schiffen weiter. Die verworrene Flucht ging erst über die Donau, das Schwarze Meer und das Mittelmeer bis sie nach zweijähriger Odyssee die Küste Palästinas erreichten.
Paul und Lina Levy betrieben später, ab 1941, eine Hühnerfarm bei Tel-Aviv. Nachdem Paul Levy 1950 gestorben war, zog Lina Levy zu ihrem Sohn Yacov in den Kibbuz Misra.